Am 6. Januar 2022 wäre Heinrich Schliemann 200 Jahre alt geworden. Wohl über keinen anderen Archäologen wurde so viel geschrieben. Anlassbezogen sind in jüngster Zeit mehrere empfehlenswerte Bücher dazugekommen. Ist über Schliemann also schon alles gesagt, nur noch nicht von jedem? Mitnichten. Auch wer sich schon intensiver mit dieser faszinierenden und in mancherlei Hinsicht umstrittenen Persönlichkeit befasst hat, wird in dem Begleitband zur großen Schliemann-Ausstellung, die noch bis November in Berlin zu sehen ist, Neues entdecken können. Dies gilt insbesondere auch für die Abbildungen Schliemanns und seines familiären Umfelds. Erfreulich ist zudem, dass den ersten 45 Lebensjahren des Protagonisten gebührend Raum gewährt wird. Denn schon bevor er seinen Spaten in Troja und Mykene ansetzte, hatte er ein bemerkenswertes Leben: zunächst als Geschäftsmann in Amsterdam, St. Petersburg und Sacramento, später als innerlich Getriebener, den der Wunsch, sich neu zu erfinden, einmal rund um die Welt und schließlich in die Ägäis und weit zurück in deren Frühgeschichte führte. Streng chronologisch entrollt sich die Biografie Schliemanns vor einem farbsatt geschilderten Panorama seiner Zeit.
Dieses schöne und unbedingt lesenswerte Buch kann getrost als Standardwerk zu Schliemanns Leben und Wirken betrachtet werden, mindestens bis zum nächsten großen Jubiläum des Archäologie-Pioniers, dem 150. Todestag im Jahr 2040.
| Claus Hattler